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Mnozil Brass   13.10.2004   Leipzig, UT Connewitz
von rls

"The wone & onli BrassBand" spielte mit ihrem Programm "Seven" in Leipzig und deutete auf den Plakaten gleich mal die zahlreichen mythologischen und kulturellen Bedeutungen der Zahl Sieben aus, wo sich dann eine Reihung von "over seven bridges must ju go" über "die seven zwerge" und "the seven austrian bundesländer" bis hin zu "the fucked seventh year" ergab. Sieben war auch die Zahl der auf der Bühne stehenden Musiker, was bedeutete, daß einer der acht auf der "Ragazzi"-CD spielenden Herren nicht (mehr?) dabei war/ist, nämlich Trompeter Wolfgang Sohm. Der Rest allerdings lieferte das kultigste Blechbläserkonzert ab, das ich jemals erlebt habe. Wie bereits in der CD-Rezension bemerkt, setzen Mnozil Brass auf eine Mischung einiger Eigenkompositionen mit sehr variablem Fremdmaterial - an diesem Abend aber war es mehr oder weniger egal, was sie spielten: Allein schon ihre kultbehaftete Bühnenpräsenz lohnte das Kommen. Ein Auge fürs Detail war gefragt, denn oftmals waren es kleine Gesten, welche Lachstürme erzeugen konnten - von den "großen Showelementen" mal ganz zu schweigen. Da stellte sich etwa Leonhard Paul mit einer Baßtrompete hin, spielte "Ich hatt einen Kameraden", ließ sich nach hinten auf die Schultern seiner sechs Mitmusiker fallen und wurde von diesen quasi als lebender Sarg herumgetragen - wobei sowohl er als auch die Mitmusiker kontinuierlich weiterspielten! Die Detailpräzision, mit der die sieben Österreicher musizierten (ohne Notenmaterial wohlgemerkt), wurde sehr oft mehr als deutlich, etwa wenn sie in einer spanisch-highspeedigen Passage plötzlich unisono innehielten, mit dem Fuß aufstampften, "Olé!" skandierten und nahtlos weiterspielten. Gesang gab's auch - mal in Chorform, aber auch nicht selten von Posaunist Sebastian Fuchsberger tenor-solistisch und übersteigert-pathetisch, der, begleitet von seinen blasenden Kollegen, innerhalb weniger Sekunden mal eben von "O Sole Mio" zu "Heut' geh ich ins Maxim" und zurück wechselte. Mnozil Brass waren teilweise höllisch laut - besonders einige Passagen von Thomas Gansch, der seine Trompete etwas umbauen lassen hatte, so daß beispielsweise der untere Teil des Schalltrichters einen Knick aufwies, wie man es in ähnlicher Form von einer Fanfare her kennt, klingelten ob der Kombination aus Höhe und Lautstärke vermutlich in manchen Ohren. Unter "hochklassig" fiel beispielsweise auch Thomas' Duett mit Leonhards Baßtrompete, in dem die beiden die tonalen Grenzen ihrer Instrumente ausloteten. In Gestalt etwa von "Bist tappert, Franz?" fand sich Material der "Ragazzi"-CD ebenso im Set wie Stücke mir nicht bekannter Herkunft (obwohl "Ragazzi" die erste Mnozil Brass-CD ist, die es offiziell in Deutschland zu kaufen gibt, hat die Truppe doch schon einiges in ihrer Diskographie stehen), und von den musikalischen Zitaten her machte man weder vor James Bond noch vor Van Halens "Jump" halt. Die unglaublich durchdachte Mischung aus Showelementen und musikalischer Virtuosität adäquat zu beschreiben ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit, deshalb sei an dieser Stelle auf die Anfang 2005 zu erwartende DVD des "Seven"-Programmes verwiesen, welche (neben einem Konzertbesuch natürlich) vermutlich die ultimative Einstiegsdroge in die Welt von Mnozil Brass darstellt. Das Publikum im von einer Art morbidem und somit durchaus zum Humor von Mnozil Brass kompatiblem Charme gekennzeichneten UT in Leipzig-Connewitz spendete bisweilen Szenenapplaus (erwähnte ich bereits, daß der Raum brechend voll war?) und ließ die Österreicher ohne mehrere Zugaben natürlich nicht gehen. Von diesen gestaltete sich der zweite Block zum größten musikalischen Ereignis des gesamten Abends, denn Mnozil Brass intonierten Queens "Bohemian Rhapsody", und zwar nicht etwa nur als Zitat, sondern in voller Länge, mal mit bis zu sechsstimmigem Gesang, mal rein blechbläserisch. Zu dieser atemberaubenden Version fehlen mir auch Tage später immer noch die Worte, weswegen ich nur noch die dringendste Empfehlung an alle Menschen, die sich vorstellen können, was ich mit dem Begriff "hochklassiger Comedy-Brass" meine, ausspreche, den nächstliegenden Mnozil Brass-Gig zu besuchen - Dates gibt's auf www.mnozilbrass.at



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