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George Lipsitz: Dangerous Crossroads
von *tf anno 2000

George Lipsitz: Dangerous Crossroads

Das mit „Popmusik, Postmoderne und die Poesie des Lokalen“ untertitelte Buch des Professors für ethnische Studien der Uni von San Diego im sonnigen Kalifornien führt den Leser an Wegkreuzungen, an denen sich globale Profitmaximierungsbestrebungen, kulturelle Identität und Popmusik treffen. Gefährlich sind diese Kreuzungen jedoch ebenso wie sie Chancen innovativer und kreativer Symbiosen sein können. Das wird in den verschiedenen Kapiteln jeweils an speziellen musikalischen Beispielen wie Reggae, HipHop und einer Reihe exotisch klingender Stile wie Bhangramuffin und Latin Bugalu analysiert und in gut lesbarer, weil verständlicher Sprache (deutsche Übersetzung vom Poptheoretiker Diedrich Diederichsen himself) rekonstruiert.
Da der Autor seinen Blick von den Wegkreuzungen aus in die Ferne schweifen läßt, gelingt ihm die Schaffung überaus komplexer Bilder. Die Bedeutungen von Rasse und Klasse, von Religion und Revolution bei der Ausbildung von Subkulturen und daran gebildeter Identität mit der durch popmusikalische Diskurse geformte Musikstile ist sicher für deutsche Leser mit der Entdeckung von Neuland verbunden. Eine durchaus lohnende Entdeckungsfahrt, wie ich meine, werden doch hier Geflechte und Netzwerke erläutert, die zwar weitab unserer Lebensalltäglichkeit liegen – die multikulturellen Schmelztiegel Amerikas, Großbritanniens und Frankreichs beispielsweise –, per musikalischer Präsenz in den Massenmedien doch auch Einfluß auf deutsche Weltsicht haben dürften. Die globale Betrachtungsebene hebt sich wohltuend von den eher provinziell geratenen deutschen Poptheorie-Büchern ab, ohne dabei die Bodenhaftung und den Bezug zu den handelnden Personen zu verlieren. Eine zentrale Rolle in Lipsitz' Buch spielt die Frage, inwiefern Multikulturalismus und Rassismus sich notwendigerweise bedingen, ob Nationalismus eine logische Antwort auf ethnische Spannungen sein muß. Und spätestens hier finden sich auch Anknüpfungspunkte für deutsche Diskussionen, Befürchtungen und Hoffnungen. Eine ausführliche Einleitung des Verfassers bemüht sich zudem um eine Übertragung des für amerikanische Verhältnisse geschriebenen Buches speziell auf deutsche Perspektiven, und für wen Begriffe wie „Ausbeutungsverhältnis“ und „Kolonialismus“ keine Unwörter einer untergegangenen Epoche sind, dem sei die Lektüre wärmstens empfohlen.

George Lipsitz: Dangerous Crossroads, Hannibal-Verlag (www.hannibal-verlag.de), ISBN 3-85445-166-0
 






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