BLACK OMEN: Sinphony von rls
Das Schwarze Omen kommt aus der Türkei und legt mit "Sinphony" sein zweites Album vor. Das Wortspiel im Titel ergibt Sinn: Einerseits spielt die Sünde textlich eine nicht unwesentliche Rolle, wobei man quer durch alle möglichen mythologischen und historischen Aspekte wildert und in "Medieval Holy Murders" eine noch die heutige Theologie zentral beschäftigende Frage stellt: "Is everything exceeding the normality satanic?" Den Text sollte man sich sowieso mal genauer durchlesen, zumindest die erste Hälfte - die zweite erschöpft sich dann mit einer Aufzählung inquisitorischer Taten bzw. Untaten und der Feststellung ihres Mißerfolges. Ansonsten kommt von Loki bis Nergal ein breites Spektrum mythologischer Gestalten zu Wort, einige Texte funktionieren aber auch in unpersönlicher poetischer Aussage, etwa "Winte(a)rs". Die zweite Hälfte des titelseitigen Wortspiels verheißt einen sinfonischen Aspekt in der Musik, und der ist dann auch tatsächlich in rauhen Mengen vorhanden. Schon die Gliederung der 13teiligen Setlist in acht reguläre Songs und fünf instrumentale Zwischenspiele eröffnet diesbezügliche Verdachtsmomente, und bereits das Intro "Hymn Of Surreal Panorama" gibt in Tateinheit mit dem ersten richtigen Song "Reincarnational Meeting" die Richtung für die insgesamt knapp 47 Minuten vor: sinfonisch-orchestraler angeschwärzter Metal. Das Orchester kommt dabei aus Kostengründen aus der Keyboardkonserve von Tolga Uz bzw. partiell noch seinem Vorgänger Kadir Yavuz, aber das beeinträchtigt das Gesamtbild nicht so sehr wie die doch äußerst sterile Schlagzeugproduktion, die das gesamte Klangbild einen Tick zu grell wirken läßt, wenngleich es am Spiel von Onur Özcelik prinzipiell wenig auszusetzen gibt - man höre nur mal den Variantenreichtum in den Zwischenspielen von "Enchanting Chaos Of My Frozen Mind". Und generell erweist sich das türkische Quintett als äußerst einfallsreich in kompositorischen Belangen, wenngleich ein Hit wie sagen wir Dimmu Borgirs "Mourning Palace" (um mal einen stilistisch durchaus passenden Vergleich anzuführen) mit einer Ausnahme nicht auszumachen ist. Sänger Gökhan Korkmaz tut auch nichts dazu, den Textpassagen etwa erkennbare Melodien zu unterlegen - Klargesangsfeinde werden also mit "Sinphony" auf alle Fälle glücklich, sofern sie das omnipräsente Keyboard aushalten. Für Variationsbreite im Gesang sorgt allerdings der Wechsel zwischen Grunz- und Kreischpassagen, wobei letztgenannte in der Überzahl sind; bisweilen sind die Texte sogar in einer Art dialogischer Form aufgebaut, wie etwa "Nergal And Ereshkigal", allerdings ohne direkte wörtliche Rede. Hier und da erkennt man Motivverwandtschaften zu anderen Bands, wobei dem Rezensenten noch nicht eingefallen ist, in welchem Kontext das einleitende Motiv von "Death Of Innocence" schon einmal erklungen ist. Zwischen den Texten von "Damned Renaissance (The Plague)" und "Curtains Of Imaginary Vortex", wo in der Tracklist das Instrumental "Nirnaoth Arnoediad" steht, findet sich das Bildnis einer Gestalt, die ein Totenkopfcello spielt, welchselbiges man in ähnlicher Form bereits auf Apocalypticas "Inquisition Symphony" als Abbildung erblickt hat; Rückschlüsse auf die musikalische Gestaltung des knapp vierminütigen Instrumentals zu ziehen wäre allerdings verfehlt, denn die markanten Einsätze dieser Komposition gehören der Bläserfraktion. Das erwähnte "Curtains Of Imaginary Vortex" ist mit knapp sechs Minuten der längste Song der CD und vielleicht auch von der Eingängigkeit her der zugänglichste (also der oben erwähnte kleine Hit), zugleich auch der temposeitig langsamste - einer episch-breiten schleppenden Einleitung von einer Minute Dauer folgt eine Kombination aus locker-pianountermalt davonschreitender Strophe und Temporeduzierung in einem großen pathetischen Refrain, der allerdings wie erwähnt nur instrumental, nicht aber gesanglich durch Melodien gestützt wird. Der Mittelteil gehört wiederum einer geschickt arrangierten Kombination verschiedener Tempi, wobei Blastbeats hier im Gegensatz zu fast allen anderen regulären Songs abwesend bleiben und man fast enttäuscht ist, als der Song nach fünfeinhalb Minuten langsam auszufaden beginnt - irgendwie fehlt der Rahmen, der ihn schließt, und mancher Gedanke hätte durchaus noch weiter ausgeführt werden dürfen. Das nur reichlich dreiminütige "Winte(a)rs" steht strukturell zwischen den regulären Songs und den Zwischenspielen - musikalisch nur von Keyboards, Schlagzeug und Baß instrumentiert und temposeitig halbwegs zurückhaltend (will heißen: tanzendes Midtempo), setzt der harsche Gesang hier dann doch einen Kontrapunkt, der es verbietet, etwa an eine Ballade zu denken. Der Auftakt des folgenden "Medieval Holy Murders" wiederum kontrastiert mit seinen Blastbeats den Vorgängersong stark genug, um jedwede romantische Anwandlung für knapp vier Minuten in die Ecke zu stellen, aus der sie erst wieder mit "The Leaving" hervorgeholt werden dürfen, bevor der letzte reguläre Track "Loki: Causer Of Ragnarok" ("Love Is Still Lost" gerät zum zweiminütigen Klassik-Outro) das temposeitig wohl vielseitigste Arrangement des Albums beinhaltet (man höre mal genau, wie der Schlagzeuger in einer typischen Vierzeilenstrophe das Tempo variiert!). So eröffnet sich ein interessantes Potpourri angedüsterter metallischer Klänge, das Anhängern von Dimmu Borgir, Cradle Of Filth, Castrum, Depressive World, Arafel und ähnlichen Combos zum Anchecken durchaus empfohlen sei.
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