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CAYNE: Old Faded Pictures
von ta
(Scarlet Records)
Wir schreiben das Jahr 1997: Über Century Media veröffentlicht die italienische Formation Lacuna Coil ihre gleichnamige Debüt Mini-CD. Bandinterne Konflikte führen dazu, dass Claudio Leo und Raffaele Zagaria, die damalige Gitarrenfraktion, und der Rest der Band getrennte Wege gehen. Lacuna Coil entwickeln sich mit den exquisiten Alben "In A Reverie" und "Unleashed Memories" sowie der Mini-CD "Halflife" zu Aufsteigern im Gothic-Sektor, die ehemaligen MItstreiter verschwinden in der Versenkung ...
Wir schreiben das Jahr 2001: Leo und Zagaria melden sich gekräftet wieder. Die Band nennt sich Cayne und besteht neben den beiden Gitarristen noch aus Sänger Mario Piazza, Bassist Daniele Rossetti und dem ex-Sadist Schlagzeuger Oinos. Man spielt handfeste Rockmusik mit Metal- und Düstereckeinflüssen. Das Ganze als Lacuna Coil mit männlichem Sänger abzutun wäre Diffamierung, Cayne reduzieren den Gothic-Faktor zugunsten des Rock-Appeals auf einen allgegenwärtig schwebenden Melancholieschleier mit geringer Dichte und auch die männliche Mikrophonbesetzung leistet ihren Beitrag zum Rock ... mit ebenso ungewöhnlichen wie interessanten Melodien, exemplarisch nenne ich hier den Refrain des Openers "Save Me", die aufgrund ihrer Undurchsichtigkeit jedoch sperrig und irgendwann gleichförmig erscheinen, weswegen auch der Titelsong nicht wirklich zu überzeugen weiß. Daß es durchaus anders geht, beweist das nachfolgende "Latent Spirits", wo Instrumentalisten und Sänger mit nicht bezüglich Radiokompatibilität eindringlichen (Wer ist schon nicht in der Lage, "Oops, I Did It Again" zu intonieren?), sondern einfach griffigen Gesangslinien ein einfaches, aber pittoreskes Klanggebilde entwerfen, dessen künstlerisches Niveau mit "Slightly Melody" konsequent gehalten wird, wo angenehme Schwermut im Endteil zu ebenso angenehmem energischen Rock weitergeführt wird. Die erwartungsgemäß härtemäßig aufgestockte "Small Town Boy"-Coverversion spricht mich nicht an, fairerweise muß ich wohl anfügen, dass auch das Original von Bronski Beat in mir kein Wohlgefallen erregt. "In My Eyes" verzückt, ohne mitzureißen, "Una Favola" wird anschließend (wer errät's?) in Italienisch skandiert und ist - italienischer Fröhlichkeit entsprechend - auch vollkommen frei von Melancholie, während "I'm Lost" zwar wieder sperriger, aber aufgrund seiner ungewohnten Vielschichtigkeit analog liebenswerter und schöner ist. "I'm Lost" - marginal verzeichnet - bildet für mich den Gipfelpunkt des Albums, welches nach nur knapp 40 Minuten mit einem ebenso bizarren wie überflüssigen mit Sample-Schnickschnack versehenen "Una favola"-Remix, dessen Sinn ich zu durchsteigen nicht in der Lage bin, beendet wird. Hmm ... "Old Faded Pictures" ist kein schlechtes Album, jedoch mangelt es Cayne noch an Potenzial im Allgemeinen und Griffigkeit und Auflockerung (ein paar Schlagzeugbreaks mehr hätten nicht geschadet) im Speziellen. Musikfreunde in der Schnittmenge von Lacuna Coil, The Cult, HIM und Eros Ramazotti wenden sich zwecks individueller Qualitätsprüfung doch bitte an BL Music, Via Mattei 48, 20097 S.Donato Mil.se (MI), Italy, www.scarletrecords.it
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