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EUTHANASIA: Requiem: Songs For ...
von ta
(Crystal Productions)
Schöner Tod? Nein, dafür klingen die Tschechen Euthanasia viel zu lebendig. Zwar kann man in einem ersten Anlauf (aber auch nur in einem ersten) von Gothic Metal sprechen, aber in der hier vorliegenden Ausprägung markiert diese Spielart, wenn schon - wie im Titel verkündet - ein Requiem, dann ein Requiem mit Nachtoderwartung. Jucheißassa, der Tod ist da. Zu den Songs:
"Back In Life" erzählt eine kleine Geschichte über Schuld, Sühne und Hoffnung und kreuzt Grölgesang mit schnellen Tappingsoli und eingängiger Melodieführung. Im Hintergrund schwebt ein Keyboardteppich, die Produktion ist für eine Band mit Mini-Deal absolut hervorragend: Glasklar, wuchtig und mit Atemraum für jedes Detail ausgestattet.
Ein solches Detail ist zum Beispiel die Geige von Zdenek Berger jr., die in "White Lies" ihre klagende Melodie zu den dunklen Death Metal-Growls von Sänger Robert "Siki" Kyselica gesellt, der hiermit schon im zweiten Song klargestellt hat, dass seine Stimme ein enormes Farbspektrum abdeckt, das von glasklarem Gesang bis zu kellertiefem Gebrummel reicht und alle Schattierungen dazwischen ebenfalls anschneidet. Polit-Bonus: Das melancholische Stück stellt eine Absage gegen rechte Gewalt dar - welches besonders im als Bonus draufgepackten Video deutlich wird -, was all jene beruhigen sollte, die ob des Bandnamens und/oder gar der Herkunft der Band (im polnisch-tschechischen Untergrund tragen bekanntermaßen einige Gestalten braune Westen) mißtrauisch die Brauen hochzuziehen geneigt waren.
"Dying Memories" ist ein kurzes/angekitschtes Gitarren-/Percussionintermezzo, das "Blind Man" einleitet. Und dort trifft sich epischer Power Metal, der an die Schweden Falconer erinnert, mit schwarzmetallischem Keifen. Am Ende plärren zwei Babys, die in der Gästeliste sogar namentlich aufgeführt sind: Valerie Bajtková und Katka Trunecková werden in fünfzehn Jahren Stadien füllen. Dann können mir die beiden auch erklären, ob der blinde Mann im Text eine Metapher ist oder nicht, was mir bis heute nicht aufgegangen ist.
Die wieder einmal angenehm tief daherkommenden, diesmal gegen die Bos- und Dummheit of mankind angrummelnden Growls von Siki in "Identity" lassen im Rezensenten den Wunsch wachwerden, dass in dieser Richtung noch ein Ausbau stattfindet. "Identity" ist einer der sperrigen Songs auf "Requiem ...". Verspielte Gitarrenklänge heben in die Stratosphäre ab und werden erst im Mittelteil wieder runtergeholt, wenn es ans Solieren geht. Hier taucht auch die Geige wieder auf, die wirklich Akzente setzt. Ebenso auch im zweiminütigen, traurigen "Chimera", das mit dunklem Rezitativ unterlegt ist und direkt in das ganz anders gepolte "Memento" führt: Der diesmal tschechische Text wird gleich mit einem ganzen Männerchor intoniert und bietet beinahe so etwas wie Hitpotenzial feil, was nicht zuletzt durch die eingängige Hookline noch potenziert wird. Überhaupt sind Euthanasia eine für die Vielschichtigkeit der Musik enorm Hookline-lastige Band, deren Melodien sich schon nach zweimaligem Hören problemlos mitpfeifen lassen, was sich in der Konzertsituation sicherlich nett anhören würde.
Der zweite sperrige Track neben "Identity" ist "Sanity", das auch nach mehrmaliger Einfuhr nicht richtig zündet. Zwar lädt der Galoppelrhythmus zum gepflegten Mattenschwung ein und auch das durchdachte Leitriff gefällt und auch die Keyboardspielereien von Vendula Bajtková sind sehr feingliedrig und auch das Piano/Gitarren-Duell im Mittelteil (Soloinstrumentwechsel alle zwei Sekunden) ist eher ungewöhnlich, aber ganz warm bin ich noch nicht mit der Nummer geworden. Vielleicht liegt's an der fehlenden Hookline. Oder daran, dass sich der innerliche Text nun überhaupt nicht mit der lebensbejahenden, geradeaus gespielten Musik verträgt. Wer weiß das schon.
Nach dem kurzen Intermezzo "Strands Of Unknown" bläst "Unspoken" zum Finale: Wieder hymnisiert der Männerchor traditionelle Melodien (und einen kryptischen Text) und Siki nimmt alle möglichen Arten, seine Stimme einzusetzen, mit. Kongenial auch das leichtfüßige Arrangement, das um den Chorus gewebt wurde, der allerdings ungefähr ein halbes Dutzend Mal aus den Speakern dröhnt, was dann doch etwas zuviel des Guten ist. Nun, es soll ja der Rausschmeißer sein.
"Requiem ..." ist ein richtig tolles Album geworden. Eine Dreiviertelstunde abwechslungsreichen, gut gespielten und gut produzierten, ideenreichen und klischeelosen Metalls bekommt man nicht alle Tage so selbstverständlich gereicht. Wer sich an die polnische Nachbarschaft Asgaard positiv erinnert, die mit ihrer partiell sehr extravaganten "XIII Voltum Lunae"-Album 2002 über Metal Mind ein seelenverwandtes Stück Musik ablieferten, darf hier nicht vorbeilauschen. "Requiem" wartet bei Robert "Siki" Kyselica, CSA 2/176, 736 01 Hanírov, Czech Republic oder www.crystalprod.cz/euthanasia auf euch.
Tracklist:
1. Back In Life
2. White Lies
3. Dying Memories
4. Blind Man
5. Identity
6. Chimera
7. Memento
8. Sanity
9. Strands Of Unknown
10. Unspoken
Bonus I: White Lies (Clip)
Bonus II: Band Portrait
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