HELLOWEEN: Keeper Of The Seven Keys - The Legacy von rls (Steamhammer/SPV)
Ein Name, der verpflichtet: Können Helloween mit diesem Doppelalbum die selbsteingegangene Verpflichtung, ein Erbwerk der beiden 80er-Klassiker "Keeper Of The Seven Keys" zu erschaffen, erfüllen oder nicht? Die Antwort ergibt ein klares "jein". Trotzdem oder gerade deshalb kann man sich getrost zu der Einschätzung durchringen, daß das Album prinzipiell geeignet ist, den dritten Frühling für Helloween einzuläuten. Der erste bestand bekanntlich aus dem kompletten 80er Schaffen der Band, der zweite, angedeutet durch "Master Of The Rings" nach einer schwächelnden Frühneunziger-Phase, umfaßte die beiden Spätneunziger-Meisterwerke "The Time Of The Oath" und "Better Than Raw", bevor das eher uninspirierte "The Dark Ride" (mit dem Titeltrack lediglich einen Klassiker beinhaltend und ansonsten recht orientierungslos durch die Botanik düsternd) einen weiteren Schwächeanfall einläutete, der mit "Rabbit Don't Come Easy" noch nicht überwunden war, obwohl die Klassikerdichte gegenüber dem Vorgängerwerk immerhin verdoppelt werden konnte ("Just A Little Sign" und "Nothing To Say"). Dem Besitzer dieser beiden schwächeren Werke wird auffallen, daß es die beiden Longtracks sind, die jeweils an der qualitativen Spitze stehen, und ausgiebiges Lauschen der neuen CD ergibt ein wenig überraschendes Urteil: Das ist auch auf "Keeper .. - The Legacy" so. Den ersten Beweis für diese These konnte man bereits auf der Single "Mrs. God" finden, denn der vierzehnminütige Albumopener "The King For A 1000 Years" hatte als zweiter Track den Weg auf die Single gefunden, und die im damaligen Review getroffene Feststellung, es mit einem der besten Helloween-Songs überhaupt zu tun zu haben, kann auch geraume Zeit und diverse Hördurchläufe im Albumkontext später aufrechterhalten werden, wobei der Song auch die Spitzentitel der beiden Vorgängeralben schon locker hinter sich läßt und demonstriert, daß die Band es durchaus versteht, neu erdachte Stilelemente ihrer Epigonen wiederum ins eigene Schaffen einfließen zu lassen, wenn man beispielsweise an die weiblichen Vokalisen denkt, die dem Song sehr gut getan haben. Vierzehn Minuten hochklassigen, leicht orchestral angehauchten melodischen Metal haben wir da also vor uns, die noch ein weiteres Phänomen offenlegen: Helloween haben es "im Alter" tatsächlich noch geschafft, fast zu einer songdienlich arbeitenden Progmetalband zu reifen. Was dabei herauskommen kann, wenn Bands plötzlich krampfhaft versuchen, "progressiv" zu klingen und/oder Progmetal zu spielen (bekanntlich bedingt das eine nicht zwingend auch das andere), konnte man als schreckniserregendes Beispiel bei Blind Guardian auf "Nightfall In Middle-Earth" und ganz besonders auf "A Night At The Opera" beobachten, und auch die Versuche Helloweens, in neue Gefilde vorzudringen, hatten auf "Chameleon" und "The Dark Ride" allermindestens zweifelhafte Ergebnisse gezeitigt, ebenso wie der gelegentliche Einbau "progressiver" Elemente diversen Songs auf "Rabbit Don't Come Easy" nicht eben zu einer Qualitätssteigerung verholfen hatte. "Keeper ... - The Legacy" beweist nun, daß Michael Weikath und seine im Vergleich zum Vorgänger nur auf der Trommlerposition umbesetzten Mannen (neu an Bord ist Dani Löble, der vorher bei Rawhead Rexx trommelte - ob er es schafft, den nach Uli Kuschs Rausschmiß zu einer Art Schleudersitz gewordenen Posten längerfristig zu bekleiden, wird sich zeigen) in dieser Beziehung eine Menge dazugelernt haben, und da darf als Exempel nach "The King ..." auch gleich das folgende "The Invisible Man" herangezogen werden, dessen Intro gar einen leichten Dream Theater-Schlenker abbekommen hat und das etliche Durchläufe braucht, bis es zündet - dann aber entpuppen sich große Strecken der reichlich sieben Minuten ebenfalls als Zeichen für die anspruchsvolle Wiedererstarkung Helloweens. Für hymnische Refrains waren sie ja schon immer bekannt, und da macht auch dieser Song keine Ausnahme, ebensowenig wie das folgende "Born On Judgment Day", mit dem wir nun wiederum einen eher geradlinigen Speedie vor us haben sollten, der ebendies auch besser hätte bleiben sollen, denn die Versuche von Komponist Weikath, dem Solopart einen Touch in Richtung "Eagle Fly Free" zu geben (man erinnere sich an dessen offene Struktur, die auch Baß- und Drumsoli vorsah), müssen zumindest im Falle der komischen Verharrung im Drumsolo eher als gescheitert gewertet werden, bevor der Rest vom Solo dann wieder so viel Spaß macht, wie man das von "Happy, Happy Helloween" auch erwartet. Nicht so richtig überzeugen kann als Ganzes "The Pleasure Drone" - der zweite Gitarrist Sascha Gerstner scheitert wie schon auf dem Vorgänger an der Hürde der künstlichen Veranspruchsvollung eines eher simplen Metaltracks ("The Invisible Man" als drei Schritte weitergehendes Exempel ist ihm, wie oben betrachtet, deutlich besser gelungen). Zur Singleauskopplung "Mrs. God" ist im Singlereview bereits alles Nötige gesagt (das blökende Schaf möchte man nach einigen Durchläufen gar nicht mehr missen, zumal es sogar eine interessante Brückenfunktion zwischen Solo und Schlußpart erfüllt und damit deutlich mehr konstruktive Aufgaben besitzt als seine Artgenossen im Finale von "Rise And Fall" 17 Jahre zuvor). Die erste CD endet wieder mit Speed vom Faß - "Silent Rain" macht wieder über weite Strecken Spaß, wenngleich sich auch hier einige Elemente finden, die sich vom bisherigen Hören her noch nicht erschlossen haben (die Notwendigkeit, eine Doppel-CD herauszubringen, obwohl die Gesamtspielzeit nur 77 Minuten beträgt, gehört übrigens auch dazu - gibt es heute noch CD-Player, die mit dem Abspielen von Scheiben zwischen 74 und 80 Minuten Schwierigkeiten haben?).
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