www.Crossover-agm.de
KRÁPNÍK: Empír
von rls

KRÁPNÍK: Empír   (Eigenproduktion)

Same procedure as every time? Nicht ganz. "Empír" ist das dritte Album der wieder mal veränderten und zum Quintett angewachsenen Mannschaft um Alleinsongwriter Ludek Navrátil (Mirek Sklenar ist nur noch als Gast dabei, die anderen beiden Festmitglieder vom "Jakoby Sám"-Album gibt's noch und dazu zwei Neue), und es bringt das Kunststück fertig, einerseits die Tugenden der bisherigen Alben weiter zu pflegen, aber auch dezent die Grenzen nach außen zu verschieben. Gleich der eröffnende Titeltrack beispielsweise fährt phasenweise recht druckvolle Rhythmusgitarrenpassagen auf, wie man sie in dieser Form bei Krápník noch nicht kannte, und das düstere, knapp anderthalbminütige Intro von "Jméno" hätten auch Black Sabbath auf eines ihrer Achtziger-Alben packen können - auf der anderen Seite aber nimmt das Keyboard eine deutlich dominantere Rolle ein als früher, und zudem hinterläßt das ganze Material einen etwas geschliffeneren, partiell auch zurückhaltenderen Eindruck als früher. Von Melodic Metal mag man da nur noch ansatzweise sprechen, Melodic Rock wäre eine passendere Eingruppierung - aber solange die Songs als solche stimmen, sollte das niemanden weiter stören, es sei denn, er gehört zur "Härter und schneller"-Fraktion, wobei er dann allerdings auch schon auf den beiden Albumvorgängern wenig Interessantes gefunden haben wird. Der Freund gediegener melodischer Rockmusik mit metallischen Anflügen (die erwähnten Gitarren!) dagegen wird auch die zehn neuen Songs problemlos ins Herz schließen und kann, da alle Texte im Booklet abgedruckt sind, sogar Tschechisch mitzusingen üben, wofür ihm Navrátil mit mancherlei mehrheitsfähigen Refrains auch gute Einstiegsmöglichkeiten bietet. Und ein Song wie das balladesk beginnende, später in einen zurückhaltend-entspannten Midtemporocker umschaltende und mit einigen spacigen Keyboardanflügen durchsetzte "Napovím" wäre mit Herkunft aus den 80ern und englischer Sprache ein todsicherer Radiohitkandidat. In der vorliegenden Fassung erfreut sich zumindest der melodicrockende Gourmet und Perlentaucher an derartigen Preziosen, von denen es etliche in den 38 Minuten zu hören gibt. Trotz der daraus resultierenden Durchschnittsspielzeit von unter vier Minuten inszeniert Navrátil die Songs nicht zwingend nach Schema F, sondern baut durchaus überraschende Wendungen ein, so etwa im erwähnten "Napovím", wo zu Beginn keineswegs klar ist, ob es nun bei einer reinen Ballade bleiben wird oder noch andere Dinge passieren. Hier und da muß man sich an kompositorische Einfälle erst gewöhnen, etwa an den völlig ohne Vorbereitung kommenden Tempowechsel am Refrainbeginn von "Úroven", aber es dauert nicht lange, bis man diese Elemente verinnerlicht hat, zu denen auch die plötzlichen verschleppten Drums in "Rozumbrada" zählen, die Navrátil aber nur in einer solchen homöopathischen Dosis verabreicht, daß auch das Herz des konsequenten Traditionsrockfans keine Rhythmusstörungen befürchten muß. Sauber eingespielt ist das Material natürlich auch wieder, am Klanggewand gibt's nichts zu deuteln, und wer die im besten Sinne normale, Extreme in jeglicher Hinsicht scheuende Stimme des Bandkopfs schon früher zu schätzen wußte, der wird auch anhand von "Empír" der Fanschar erhalten bleiben. Durch die markanteren Keyboards taucht noch ein neuer Vergleich auf, der früher noch weniger relevant gewesen wäre: das zweite Album von Tschornyi Kofje, "Wolnomu - Wolja" betitelt. Im Direktvergleich hatte Dmitri Warschawskij die größeren "Hits", aber auch einiges an Durchschnitt auf seinem Album, während Navrátils Material ein höheres Durchschnittsniveau hält, aber die ganz großen Einzelsongs trotz "Napovím" und manch anderer Komposition vermissen läßt - vielleicht spricht das Langzeitgedächtnis hier aber auch ein anderes Urteil, denn Warschawskis Kompositionen hat man ob ihrer fast ein Vierteljahrhundert zurückliegenden Entstehungszeit natürlich viel öfter gehört als Navrátils noch relativ frisches Werk. Und neben "Napovím" hat vielleicht das erwähnte "Jméno" die größten Chancen auf eine längere Verweildauer im musikalischen Gedächtnis, zumal es wesentliche markante Komponenten des Bandschaffens kombiniert: den Einfallsreichtum (repräsentiert durch das erwähnte düstere Intro), die Fähigkeit zum Schreiben merkfähiger Refrains und generell die Freude und Dankbarkeit, in der Lage zu sein, die eigene Musik erschaffen und veröffentlichen zu dürfen. Übrigens ist es Navrátil zum dritten Mal gelungen, finanzielle Förderung der Kreisverwaltung Olomouc zu bekommen, und solange dabei so gute Ergebnisse herauskommen, sollte jeder Freund beschriebener Klänge ein Dankgebet in Richtung der Verantwortlichen richten. Nur wer auf eine "richtige" Ballade wartet, geht diesmal leer aus - "Sláva Králum" und "Neviditelný" tendieren noch am stärksten in diese Richtung, aber auch sie flankieren ihre ruhigeren Parts mit zupackenderen Passagen. Mit "Lásko" schließt ein interessant mit Orchesteranflügen ausstaffierter Rocker das Album ab, aber er ist der einzige Song, der nicht zu überzeugen weiß, da er die Erwartungen nicht erfüllt, sondern nach hinten heraus sang- und klanglos aufhört, anstatt sich weiter zu entwickeln. Aber das bleibt der einzige Schönheitsfehler eines ansonsten für den Genrefreund durch und durch empfehlenswerten Albums.
Kontakt: www.krapnik.cz

Tracklist:
Empír
Kvetina
Napovím
Rozumbrada
Úroven
Neviditelný
Závislá
Jméno
Sláva Králum
Lásko


 



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver