von rls
In den Zeiten, wo jeder zu Hause durchaus semiprofessionell klingende Metalscheiben aufnehmen und veröffentlichen kann, stellt eine Band wie ValSans eine Ausnahme dar: 1996 gegründet, ließen sie erstmal acht Jahre Proberaum- und Livearbeit ins Land gehen, bis sie ihre Debüt-EP "Dawn Of Metal" veröffentlichten und mit einem Cover versahen, das Manowar vor Neid erblassen haben dürfte, wenn sie es denn jemals zu Gesicht bekommen haben. Anno 2010 spielten sie dann mit "Sword" ihr Full-Length-Debüt ein, das sie zunächst als Eigenproduktion herausbrachten, ehe Pure Underground Records zugriffen und daraus einen regulären Labelrelease machten. Die Frage stellt sich nun allerdings dergestalt, ob sich das lange Warten denn gelohnt hat. Eindeutig zu beantworten ist sie nicht, denn die Einschätzung von "Sword" hängt von verschiedenen Kriterien ab. Zunächst muß man truesten True Metal mögen, zumindest was die musikalische Komponente angeht - ValSans agieren einerseits fast hundertprozentig ausrechenbar, stellen aber gerade dadurch eine Zielgruppe zufrieden, die musikalische Veränderungen so scheut wie der Leibhaftige das Weihwasser. Und genau dieser konsequente Traditionsmetal ist das, was die Österreicher am besten können, was sich am eindrucksvollsten zeigt, wenn sie von ihm abweichen und prompt ins Schlingern geraten. Da taugt gleich der Opener "Mjölnir" als Exempel, der als Traditionsmetalhymne prima funktionieren würde, wenn, ja wenn da nicht irgendjemand die Idee gehabt hätte, ein paar "progressive" Schlenker einzubauen, die weitgehend in die Binsen gehen und ihren negativen Höhepunkt darin finden, daß am Ende des Refrains plötzlich eine Generalpause steht, bevor dann überraschend eine Wiederholung ebenjenes Refrains um die Ecke biegt. Von solchen gelinde gesagt merkwürdigen Momenten gibt es noch etliche andere auf der CD, wobei aber nicht jede von der reinen Lehre abweichende Passage nun gleich zu einer Abwertung des Materials führt - man höre "The Allegiance" als Gegenbeispiel, unter dessen Hauptsolo Drummer Wolfgang Köppel bisweilen arg verschobene Rhythmen legt, was nach einigen Hördurchläufen aber einen unverkennbaren Charme zu entwickeln beginnt, wenngleich speziell der Kontrast zu der anschließenden Call-and-response-Mitgrölpassage wirklich schwer zu verarbeiten ist. Überhaupt arrangieren ValSans ihre Songs stark auf Backingchöre fokussiert, was speziell live den Identifikationsfaktor seitens der eingefleischten Anhänger deutlich stärken dürfte und zudem eine willkommene Stütze für den Leadgesang von Andy B. Barna bildet, der bisweilen doch etwas eigentümlichen harmonischen Schemata unterliegt, wie man beispielsweise in der Einleitung zur Quasi-Bandhymne "ValSans" bemerkt. Daß der Mann stimmlich durchaus was drauf hat, demonstriert die Halbballade "Hall Of Fame", die ein ganz klein wenig wie eine proletarische Version von HammerFalls "Glory To The Brave" wirkt, was nicht despektierlich verstanden werden soll. Interessanterweise trägt Andy im Booklet ein Omen-Shirt, und J. D. Kimball schimmert einflußtechnisch auch tatsächlich hier und da ein wenig durch, ebenso wie Buddy Kohlrausch von Dark At Dawn. Im instrumentellen Bereich bleiben amerikanische Einflüsse allerdings aus - "Sword" zeigt sich eindeutig vom Teutonenmetal der 80er und der Jahrtausendwende geprägt: Rebellion haben ihre Spuren hinterlassen, Undergroundbands wie Black Abyss oder Black Hawk sind sicherlich auch in einigen Exemplaren in österreichischen Tonträgersammlungen gelandet, und die Rhythmusgitarren besitzen hier und da den typischen alten Accept-Sound, während die epischeren Passagen neben HammerFall auch die Landsleute Madog, die übrigens auch in der Thankslist vorkommen, ins Gedächtnis rufen. Nicht dort vermerkt sind die gleichfalls habsburgischen Demolition, aber deren weniger thrashige und eher powermetallisch geprägten Momente sind von den heftigeren Einfällen ValSans' gar nicht so weit entfernt. Bei "Lady Of The Lake" handelt es sich nicht um ein Rainbow-Cover, sondern um eine Eigenproduktion und zugleich den abwechslungsreichsten und längsten Song mit einem geschickten Arrangement, das sich aus dem sonst doch recht basisch gehaltenen Material heraushebt. Am letzten Song "Eppur Si Muove" hat bereits der neue Bassist Thomas Kleinander, den Austria-Szenekenner noch von den eher melodicrockig geprägten Amun-Re in Erinnerung haben könnten, mitgeschrieben, das Gros des restlichen Materials nennt noch dessen Vorgänger Christian Grill als Mitkomponist. Das Texten freilich bleibt alleiniger Job von Andy B. Barna, und der bringt von typischen "Hurra, wir spielen Heavy Metal!"-Texten ("Metal Crusade") über die klassischen Fantasy-Themen, etwa den Artus-Sagenkreis ("Lady Of The Lake"), bis zu realen Geschehnissen wie der Geschichte um Galileo Galilei in "Eppur Si Muove" ein breites Spektrum unter. In "Mjölnir" spannt er den Bogen übrigens von der historischen Herkunft dieses Hammers bis hin zur Okkupation dieses und anderer nordischer Symbole durch die Nationalsozialisten, was dann im empathischen Ausruf "The fascist wave will never grow again" gipfelt, die metaltypische Übernahme der gleichen Symbole von den gängigen neurechten Bewegungen abgrenzend. Nur schade, daß man gerade diesen Song aufgrund der eingangs beschriebenen musikalischen Merkwürdigkeiten nicht so ernstzunehmen geneigt ist wie manchen anderen auf der Scheibe. Keine Ahnung, ob das Material chronologisch geordnet ist und damit die zunehmende Songwritingreife der Band widerspiegelt - die hinteren Songs überzeugen unterm Strich nämlich mehr als die vorderen, die irgendwie hilflos wirkende Biertrinkerode "Golden Treasure" an vorletzter Position mal ausgeklammert. So bleibt unterm Strich eine zweifellos nicht schlechte, aber auch nicht vorbehaltlos weiterzuempfehlende True-Metal-Scheibe, die aber Genreanhängern zumindest einen Test wert sein sollte. www.karthagorecords.de hilft bei Erwerbswünschen gerne weiter. Zu "Eyes Of A Viper" findet sich auf der CD übrigens noch ein Videoclip in klassischer Manier (schwarz-weiß abgefilmte Metalband spielt in leerer Fabrikhalle).
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