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WETO: Das 2weite Ich
von UG
(F.A.M.E. Recordings)
Zu der Herkunft von Weto sowie der Besetzung an sich verweise ich auf die bereits durchgeführte Rezension des Konzertes in Glauchau. Da es um ihr Projekt Schandmaul nach der letzten DVD "Kunststück" (aufgenommen mit Orchester im Circus Krone - Pflichtkauf!) und folgender "Mit Leib und Seele"-Tour etwas ruhiger wurde, haben die Jungs noch kurz vor der kleinen Weto-Deutschland-Tour (der Gig in Wien musste leider ausfallen) Ende November 2006 nun unter der Hand von F.A.M.E. ein neues Album herausbringen können. Da Weto mit wechselnder Besetzung seit 1993 existieren, hatten sie bereits im Eigenvertrieb "Scherben im Kopf" und "Tatort Bühne" unters Volk gebracht, leider ausverkauft. Drei der früher erschienenen Songs sind aber neben neuem und bisher unveröffentlichtem Material auch auf der aktuellen Scheibe verpresst.
Vorwegnehmen kann ich, dass das Album sehr professionell ist, sei es vom Cover, der Produktion und vom Inhalt her. Aber Weto sind doch anders, ihr rockiger Stil ist eigen, sehr düster und melancholisch und die ausnahmslos deutschen Texte haben Tiefgang und sind in der Ich-Perspektive verfasst. Man muss sich mit ihnen beschäftigen, um die Bedeutung zu ergründen und auch die Musik braucht ein paar Durchläufe. Dann aber will man nichts mehr missen und ergründet immer neue Details.
Weto beschreiben das Leben mit seinen Problemen, die selten einer sehen will, und stellen sich somit gegen Trends und die Spaß-und-Freizeit-Gesellschaft. Los geht das Album mit "Tief". Thematisch greift es die psychischen Folgen einer Vergewaltigung auf, deutlich dargestellt durch die Keyboardinstrumentierung. "Phantasie" handelt von jemandem, der sein Leben durch Selbstmord beenden möchte, am Ende es beim Ritzen lässt.
Danach folgt das musikalisch sehr starke und in die Gothic-Richtung strebende "Wieder allein". Nach einem vom Bass und Gesang dominierten Intro (und Strophe) wechseln sphärische Keyboardeinlagen mit riffigen Gitarren. Man "sieht" förmlich die Morde, die ein Mann erst an seiner sich trennenden Frau und hernach an sich selbst vollführt. Der darauf folgende Titelsong könnte auch aus der Feder eines Stephen King stammen. "Koma" wird durchgehend von einem Beatmungsgerät sowie dem Puls-Piep untermalt. Auch hier wieder gothische Elemente im Wechsel zu dominierendem Gesang und drückendem Bass. Das im Upbeat folgende "Flucht" markiert dann einen Höhepunkt, textlich geht es um die Zerrissenheit bei Drogenabhängigkeit. Ruhiger wird's bei "Ein Lächeln Lang". "Irrlicht" und "Das Tier" werden dann wieder härter und depressiver. Das fast sieben Minuten dauernde "Wolfsherz" basiert auf dem gleichnamigen Roman von Wolfgang Hohlbein. Wie das Leben auch, endet das Album mit dem Tod. Hier dominiert noch mal das Keyboard in Moll. Doch es gibt eine Hoffnung: Der Verstorbene wird "In unserer Mitte" sein, auch wenn der Körper nicht mehr existiert.
Alles in allem ein starkes Album, welches im Plattenschrank nicht fehlen sollte. Und wenn man sich die Zeit nimmt, die Texte zu ergründen, dann sieht man, dass in unserer Gesellschaft wesentlich mehr Probleme existieren als man denkt. Denn nicht die großen globalen sind es, sondern die vielen kleinen, die der Nachbar hat ...
Kontakt: www.fame-records.de, www.weto-music.de
Tracklist:
01 Tief
02 Phantasie
03 Wieder allein
04 Das 2weite Ich
05 Koma
06 Flucht '06
07 Ein Lächeln Lang
08 Irrlicht
09 Das Tier
10 Wolfsherz '06
11 In unserer Mitte '06 (Bonustrack)
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