ZENO MORF: Kingdom Of Ice von rls
Offensichtlich haben sich die Vorgängeralben von Zeno Morf nicht ganz den Erwartungen entsprechend verkauft, oder es gab andere Gründe, die Zusammenarbeit zwischen der Band und der neuen Labelfamilie auf eine veränderte Basis zu stellen: "Kingdom Of Ice" erscheint offensichtlich als Eigenproduktion mit lediglich einem Verlags-Deal bei Pure Steel (der aber immerhin zu einer eigenen Katalognummer geführt hat). Wesentliche musikalische Veränderungen hat es bei den Norwegern aber nicht gegeben, trotz der Besetzungsschrumpfung, die nun wieder nur ein Quartett als Endresultat hat, allerdings nach wie vor eins mit zwei Gitarren, da Sänger/Bandkopf Erik Westerlund auch einen Sechssaiter bedient. Und das Vorhandensein zweier Gitarren ist für den konsequenten Traditionsmetal, den die Band auch auf "Kingdom Of Ice" erzeugt, selbstverständlich hochwichtig, vor allem live, wenngleich Zeno Morf nun nicht gerade zu den Bands gehören, die man an jeder Steckdose spielen sieht. (Das Bandfoto auf der vorletzten Bookletseite zeigt übrigens die Quintettbesetzung, in diesem Falle nicht mit drei Gitarren, sondern Westerlund als Nur-Sänger.) Trotzdem würde man sie durchaus gerne auch in hiesigen Breitengraden mal zu Gesicht bekommen, denn ihr Traditionsmetal mit Epic-Metal-Einschlag dürfte neben seinen unverkennbaren Konservenreizen auch livehaftig Wirkung entfalten. Nach wie vor inszenieren Zeno Morf ihren Metal relativ basisch, was allerdings gelegentliche Bombastanflüge und Effekte nicht ausschließt, wie in Analogie zum Vorgängeralbum schon das Intro "Souls Of A Frozen Earth" (diesmal mit Gastflötistin Marie Oddenes) deutlich macht. Aber auch "Carved In Stone" wurde mit Steinmetzgeräuschen und unheilschwangeren Glocken ausgestattet und stellt zugleich klar, daß sich die Norweger durchaus in Richtung Doom Metal bewegen können, wenn sie das für nützlich halten, daß sie sich aber keineswegs verpflichtet fühlen, reine Doomsongs zu schreiben, denn sonst hätten sie hier den galoppierenden Mittelteil und das flotte, leichtfüßige, ja schwebende Vorschlußsolo weggelassen. Auch die andere Tempokombination findet sich, und zwar gleich an markanter Stelle, nämlich in "Hammersquad", das dem Intro folgt: Man vermutet einen jener Zeno-Morf-typischen Midtemposongs, in diesem Falle einen der etwas schnelleren Sorte, aber daß das Quartett hier sogar in einen richtig speedigen Refrain umschalten würde, das stellt dann doch eine kleine Überraschung dar. Und die zweite lauert im gleichen Song: Folkanklänge in der Melodik kannte man von Zeno Morf bisher nicht, aber hier treten sie erstmals in Erscheinung und in der Leitmelodie von "The Home Of The Brave" gleich nochmal. Bei letztgenanntem Song ereilte den Rezensenten dann auch endlich die Erkenntnis einer weiteren passenden Vergleichsband: die Schweden Seven, wobei diese im Direktvergleich weiter im Epic-Metal-Lager anzusiedeln sind (bzw. waren), so daß es nur eine partielle Schnittmenge zu konstatieren gilt. Konsequent Accept-lastige, zähe Midtempo-Songs wie "Blackout" hätte man auf Sevens Album-Einzling "Breaking The Chains" jedenfalls vergeblich gesucht, und auch Stakkato-Speed der Marke "Between The Twilight And the Dead" wäre dort ungewöhnlich gewesen, wobei Zeno Morf diese auch für ihre Verhältnisse sehr hohe Geschwindigkeit mit einigen Akustikbreaks sowie Geschwindigkeitshalbierungen in Teilen des Refrains und des Hauptsolos flankieren und damit auch songwriterisch für diejenigen Traditionsmetaller interessant werden, die nicht darauf fixiert sind, daß eine Songidee vom Intro bis zum Outro in identischer Geschwindigkeit ausgearbeitet und durchgeführt wird. Diesbezüglich herrscht durchaus eine gewisse Vielfalt bei Zeno Morf, gefühlt auf "Kingdom Of Ice" etwas höher als auf den Vorgängeralben. Auch Halbballaden wie "Lost" sind in ihrem bisherigen Schaffen nicht eben häufig anzutreffen gewesen, wobei der besagte Song zwischen den tempolastigen "Between The Twilight And The Dead" und "A Question Of Faith" auch noch eine wichtige Funktion in der Albumdramaturgie ausfüllt. Zugleich gibt er Erik Westerlund die Gelegenheit, unter Beweis zu stellen, was er seiner Stimme aktuell zumuten kann (eine Ballade ist dazu ja immer gut geeignet, da die zudeckende Instrumentierung weitgehend wegfällt) - und der Mann hat sich weiter gesteigert, wirkt noch sicherer und ausdrucksstärker als auf dem (schon guten!) Albumvorgänger, auch wenn er an einigen wenigen Stellen (auffällig in "Coming Home") die Gesangssilben nach hinten stark abhackt und dadurch kurzatmiger wirkt, als er eigentlich ist. Aber das könnte auch ein bewußtes Gestaltungsmittel sein, wenngleich ein ungewöhnliches, ebenso wie die hier kurz eingestreuten Blastspeed-Drums von Trygve André Tvedt, der diesmal übrigens auch am Songwriting beteiligt war (wenn auch nur am Intro sowie erstaunlicherweise am Albumcloser "Our Own Worst Enemy" als Texter) und "Kingdom Of Ice" damit noch stärker zu einer Mannschaftsleistung macht als das Vorgängeralbum, selbst wenn Westerlund nach wie vor die größten Anteile am Songwriting trägt und lediglich am Titeltrack kompositorisch unbeteiligt war (der stammt von Zweitgitarrist Jonny Sorensen, Westerlund war hier nur Texter). Eine abermals saubere, aber druckvolle Produktion rundet das gestalterisch erwartungsgemäß mit Blautönen spielende "Kingdom Of Ice" ab, das zum Schluß noch eine Überraschung bereithält, nämlich einen Hidden Track. Da das Booklet unter der Rubrik Gastmusiker neben Flöten-Marie noch Tor Martin Vestbo als Sologitarrist auf "Uncle Sam" nennt, aber kein Song dieses Titels auf dem Backcover genannt ist, liegt die Vermutung nahe, daß das der Hidden Track ist, und der Promozettel bestätigt diese Vermutung. Irgendwie beschleicht einen das Gefühl, es könne sich um eine Coverversion handeln, aber das konnte bisher noch nicht exakt festgestellt werden ... Das Grundurteil für "Kingdom Of Ice" bleibt das gleiche wie für "Wings Of Madness": eine gute Scheibe, die keinen Fan der Band oder generellen Genrefan enttäuschen wird, aber die Metalwelt nicht aus den Angeln heben und kaum ein Jota verändern wird. Ach ja, und Kontaktdaten gehören gerade bei einer Eigenproduktion auch heute noch zwingend auf eine CD ...
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