BB - zwischen Baum und Borke
von Olav Metz
(Columnäe aus CrossOver
4/97)
Wenigstens in der Kirche -
so die Erwartung - wenigstens in der Kirche möchte es bitte noch anders
sein. Wenn überall die Kosten beklagt, die Honorare gedrückt
und Auftritte storniert werden, wenigstens in der Kirche sollte es anders
sein. Hofft man jedenfalls.
Und die Hoffnung hat ja guten
Grund. Denn die Kirche sollte doch wirklich nicht zu den „Krämerseelen“,
den „Abzockern“ oder gar zu den „Überdentischziehern“ dieser Gesellschaft
gehören. Das wäre ja noch schöner, wenn am Ende auch in
der Kirche (nur noch) der Geist der Mark-Wirtschaft regierte. Im wahrsten
Sinne des Wortes: Nein! Um GOTTES Willen! Irgendwo muß damit doch
mal Schluß sein!
Gute Gründe, ich weiß
das wohl, allein ...
Da stehe ich zum Beispiel wie
jeden Donnerstag im Sommer an der Groß-Zickerschen Kirchentür
und bitte die Leute um den Eintrittspreis für‘s Konzert. 12,- DM,
das ist nicht zuviel. Denkt man. Inzwischen kommen Leute, die es tatsächlich
nicht mehr haben. Studenten. Arbeitslose. Jugendgruppen. In der Regel kommen
sie einmal. Dann kommen sie nicht mehr ...
Und dann sind da natürlich
noch die anderen, die es überhaupt unmöglich finden, daß
in der Kirche Eintritt verlangt wird. Denn wie wir schon hörten: Wenigstens
in der Kirche - so die Erwartung - möchte es bitte anders sein. Und
ich als „Türsteher“ stehe dann da und fühle mich - ehrlich gesagt
- sehr unwohl in meiner Haut.
Und dann die andere Seite:
Da kommen zwei nette Musiker. Die würden gern hier auf Rügen
Musik machen. Ich würde auch gern, daß sie bei uns ein Konzert
spielen. Wir sind wirklich alle dafür. Bliebe halt nur noch die Frage
der Gage zu klären.
Man müsse davon leben
können, so sagen die Künstler - zu Recht. xxx DM müßten
es da pro Abend schon sein. Und ich? – Nein, der Preis ist wahrlich nicht
überzogen. Aber soviel kommt einfach nicht zusammen. Und in der Kirchenkasse
ist kein Geld, das man einfach drauflegen könnte. Ausgeschlossen.
Und dann verhandele ich und handele herunter und nun werden sie doch kommen,
auch für weniger Geld. Und auch als „Händler“ stehe ich wieder
da und fühle mich wieder ganz unwohl in meiner Haut. Denn es sind
wirklich keine überzogenen Forderungen.
BB - zwischen Baum und
Borke: Wenigstens in der Kirche - so die berechtigte Erwartung - möchte
es bitte noch anders sein. Die Besucher erwarten‘s. Die Künstler erwarten‘s
auch. Und dann geht doch nur, was bezahlbar ist. Und dann?
Wider alles Erwarten muß
ich gestehen: Es trägt noch etwas anderes. Es trägt etwas über
das Geld hinaus. Und ES hat viele Namen. ES ist das ganze Ambiente. ES
ist die persönliche Seite, der Kontakt. ES ist das Gespräch und
das Miteinander, daß es Spaß macht, daß wir miteinander
erzählen und diskutieren, zuweilen die halbe Nacht, daß wir
gemeinsam essen und trinken ... all dies ist ES. All! Dies und noch mehr.
Am Ende bedeutet ES, daß es denn doch weit mehr ist als nur ein Konzert
für Geld. ES aber – so meine Erfahrung – trägt. Und DAS ist ES
...
Silber und Gold habe ich nicht.
Was ich aber habe, das gebe ich dir. So sagt es Petrus. - Nein, ich will
hier keine Predigt halten. Und das ungute Gefühl an der Kirchentür
und bei den Honorarverhandlungen werde ich dadurch auch nicht los. Aber
vielleicht ist ES bei der Kirche ja tatsächlich etwas besonderes.
Und vielleicht ist es so gesehen auch ganz gut, daß zwischen Baum
und Borke das Geld nicht mehr so reichlich ist. Denn wer weiß, ob
ES sonst überhaupt zum tragen käme!
Olav Metz (36), seit
fünf Jahren glücklicher Landpfarrer in Groß Zicker auf
der Insel Rügen und in dieser Eigenschaft auch Konzertveranstalter.
Glücklich verheiratet. Zwei Kinder. Hobby: Ansichtskarten sammeln.
© by CrossOver
|