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von rls

WALLOP: Metallic Alps   (Cult Metal Classics)

Die metallischen Alpen erhoben sich paradoxerweise nicht in Bayern, der Schweiz, Österreich, Slowenien, Italien, Frankreich oder Liechtenstein, sondern im Rhein-Main-Gebiet. Ebendort trafen sich in den frühen Achtzigern fünf Fans der britischen Metallegende Raven und gründeten eine Band, der sie den Namen eines Raven-Songs verliehen - da aber "Crash Bang Wallop" zu lang gewesen wäre, blieb es bei Wallop. Selbige Wallop brachten es während ihrer nur wenige Jahre währenden Bandexistenz, die bis auf einige Experimente mit einem zweiten Gitarristen in der Frühzeit ausschließlich als Quartett bestritten wurde, auf eine LP (ebenjene "Metallic Alps") sowie zwei Demos, und dieses Material findet sich komplett in den 69 Minuten der CD wieder, so daß man also mit ihr praktisch das gesamte konservierte Schaffen der Band auf einen Streich erwerben kann, sofern nicht von den eigentlich für die zweite LP gedachten Stücken noch irgendwo Proberaumaufnahmen existieren sollten. Die Running Order auf der CD entspricht nicht der Chronologie - man bekommt erst die neun Songs der LP zu hören, danach das ein Jahr früher entstandene 84er Demo und zum Schluß dann das 86er Demo mit drei der Songs, die eigentlich auf die zweite LP hätten gelangen sollen, die aber die letzten verewigten Zeugnisse des Bandschaffens bleiben sollten. Musikstilistisch hatten Wallop mit Raven nicht so sehr viel zu tun, jedenfalls nicht mit deren roher Energie und auch nicht mit deren auf den frühen Aufnahmen noch latent durchhörbarem Punktouch. Statt dessen befleißigten sie sich einer für die deutsche Metalszene der Mittachtziger nicht ungewöhnlichen Herangehensweise, indem sie an der Grenze vom mittelschnellen Teutonenmetal zum leichtfüßigeren melodischen Speed siedelten. Das für diese Zeit recht hohe Tempo des Openers "Running Wild" (der stilistisch recht wenig mit der Hamburger Truppe zu tun hat, welchselbige im gleichen Jahr ihren Zweitling "Branded & Exiled" herausbrachte) wird in den Folgesongs wechselnd ein Stück weit zurückgeschraubt und im dritten ("Monsters") und fünften Song ("Lack Of Power" - zu LP-Zeiten dürfte das der Closer der A-Seite oder der Opener der B-Seite gewesen sein) wieder aufgenommen; dazwischen lagern klassische Powerstampfer, von denen "Stealthy World" als erstes durch sein Hauptriff auffällt, das es noch an mindestens einer anderen Stelle im Metalbusiness gibt, wobei dem Rezensenten noch nicht eingefallen ist, wo. Auch die Riffharmoniefolge von "Reveal The Lies" sollte es fast parallel noch einmal geben, nämlich auf Helloweens "Walls Of Jericho"-Album. Generell geraten allerdings auch die Midtempotracks vergleichsweise leichtfüßig und unteutonisch, wofür wohl Gitarrist Andreas Lorz die Hauptverantwortung trägt, der eine relativ flüssige Spielweise pflegt, andererseits aber auch strukturell interessante Breaks setzt, etwa im Solo von "Lack Of Power", das in seiner Gesamtgestaltung auch auf eine Attack-Platte der damaligen Zeit gepaßt hätte. "Idols Die Too" erweckt anfangs den Eindruck eines typischen Mittachtziger-Instrumentals und enthält ebenfalls einige interessante Wechsel im Arrangement (eine Tugend, die Lorz und Bassist Stefan Fleischer später bei Scene X Dream noch weiter kultivierten, aber von der Metalszene mit ebensoviel Nichtachtung gestraft wurden wie Wallop), bevor dann nach über 100 Sekunden Michael Wegehaupt aka Mick Wega doch noch zu singen beginnt, was er allerdings auch gut und gerne hätte bleiben lassen können, denn der Sangesposten war immer ein bißchen das Problemkind Wallops. Sowohl Stefan Niebeling, der beide Demos einsang, als auch Mick Wega, der auf der LP zu hören ist (allerdings schon wenige Wochen nach den Aufnahmen wieder gegangen wurde, so daß Stefan zurückkehrte), waren keine Großen ihrer Zunft und geruhten gern mal neben der Spur zu liegen, Töne gar nicht oder nur mit Anstrengung zu treffen. Das ist im Metal zwar nicht ungewöhnlich, aber wenn ein Teil der Band hörbar andere Ansprüche hegt, kann das schon zum Problemfall werden, wobei allerdings weder Wega noch Niebeling sonderlich viel Gelegenheit zum Demonstrieren ihrer Weiterentwicklung hatten, was beispielsweise im Falle von Stormwitch, wo Andy Mück auch ein bißchen Zeit brauchte, um vom Shouter zum Sänger zu reifen, anders war. Immerhin: Sie waren auch keine Totalausfälle, die beiden Sänger - eben typischer Achtziger-Durchschnitt, der von manchem heute schon als Kult angesehen wird, weil er eben aus der guten alten Zeit stammt. Apropos Kult: Auf dem Wege zu solchem ist auch das Cover, das von Drummer Stefan Arnold entworfen und gemalt wurde und die metallischen Alpen als blutrote kariesartige Felszacken vor einem flickenteppichartigen Sternenhimmel zeigt. Der Titelsong beginnt dementsprechend auch, als würde eine Rockband bajuwarische Folklore nachspielen, Gejodel inclusive - nur wird diese Linie nicht konsequent fortgeführt, was anno 1985 allerdings als revolutionär zu bewerten gewesen wäre, wo doch bis heute der Alpinmetal, von der wegweisenden Zdob Si Zdub-Interpretation von Hubert von Goiserns "Koa Hiatamadl" mal abgesehen, immer noch weitgehend durch seine Nichtexistenz besticht (solange das Team von www.gipfelmoshen.de mit seinem eigenen Musikprojekt nicht so richtig vorwärtskommt). Da das Booklet des Re-Releases keine Lyrics enthält, kann man leider nur bedingt nachvollziehen, was uns die Band mit diesem Track, der sogar zum Titelsong erkoren wurde, sagen wollte. Daß Wallop außer Raven auch noch andere musikalische Einflüsse mitbrachten, nämlich aus dem Siebziger-Hardrock, machen besonders die vier Songs des ersten Demos aus dem Jahre 1984 deutlich. Schon bei "Reveal The Lies" und "Monsters" fällt auf, daß das Gitarrensolo hier nicht von einer Rhythmusgitarre unterlegt wird, was freilich auch simpel aufnahmetechnische Gründe gehabt haben könnte - danach folgt aber das über achtminütige "Some Kind Of Pain", und das stellt in der Tat eine Mixtur aus Halbballade und eben klassischem Siebziger-Hardrock dar (mit düsterem Orgelintro!), die in dieser oder auch abgewandelter Form definitiv nicht auf "Metallic Alps" gepaßt hätte und wohl deshalb als einziger dieser vier Demotracks keine Neueinspielung für das Album erfuhr. Hört man genau hin, bemerkt man in Andreas' Leadgitarren, daß er seinen Blackmore relativ genau studiert hat, wohingegen die Ohoho-Steigerung im Schlußteil eher die gesanglichen Schwierigkeiten offenbart und auch die einfache Ausblendung den Hörer irgendwie unbefriedigt zurückläßt. Ein Stück, das man gern nochmal in einer Neuinterpretation (in welchem Kontext auch immer) gehört hätte! "Metallize" schließt nicht nur das erste Demo ab, sondern stand in gleicher Funktion dann auch auf dem Longplayer - wieder recht lockerer melodischer Speed Metal, der für die LP nur geringfügig umarrangiert werden mußte. Die drei Songs des 86er Demos erwecken den Anschein, als sei die stilistische Linie nicht wesentlich geändert worden, wenngleich die Kurzbiographie im nur vierseitigen, aber trotzdem sehr informativen Booklet anderes behauptet - dort steht etwas von einer Mixtur aus speedigem Metal und kommerzielleren Klängen, außerdem allerdings auch noch was vom geplanten Albumtitel "Lack Of Power". Nun stand dieser Song aber schon auf "Metallic Alps", insofern wird da wohl eher der Übersetzer der Originaläußerungen etwas falsch verstanden haben (daß eine Neueinspielung von "Lack Of Power" geplant war, dürfte nicht zu vermuten sein). Die drei Tracks des finalen Demos jedenfalls erwecken nicht den Eindruck einer geplanten stilistischen Kurskorrektur: "Missing In Action" beinhaltet den liebgewonnene melodischen Speed, "Fractured Emotion" ist ein Powerstampfer (allerdings in der Tat mit seltsam ausgebremstem Break, das allerdings eher einen thrashigen Eindruck hinterläßt - das Solo dagegen sprintet durch die Botanik), und "Can't Get Enough" bleibt wieder im Speedsektor. Wie erwähnt sollten diese drei Songs das letzte Lebenszeichen Wallops bilden; über Folgeprojekte der beiden Sänger ist nichts bekannt, der Gitarrist und der Basser verschwanden mit Scene X Dream auch wieder in der Versenkung, und nur Drummer Stefan Arnold konnte einen größeren Bekanntheitsgrad erreichen - noch nicht mit Grinder und Capricorn, wohl aber mit seinem Einstieg bei Grave Digger pünktlich zu deren bis heute unübertroffenem "Tunes Of War"-Album, bei denen er noch heute den Takt angibt. Derweil kann man sich als Epochenfreund das Wallop-Gesamtwerk ohne Bedenken ins Regal stellen, wenngleich die Soundverhältnisse ein etwas höheres Aufdrehen des Lautstärkepegels erforderlich machen (einige Knackser im Titeltrack lassen zudem vermuten, daß die Aufnahme mangels der Originalbänder von einer LP abgenommen werden mußte). Zu bekommen hierzulande u.a. via www.karthagorecords.de
Kontakt: www.sonicagerecords.com

Tracklist:
Running Wild
Reveal The Lies
Monsters
Stealthy World
Lack Of Power
Idols Die Too
Metallic Alps
69
Metallize
Reveal The Lies
Monsters
Some Kind Of Pain
Metallize
Missing In Action
Fractured Emotion
Can't Get Enough



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